Kein Bock auf Gendern?

Moin liebe Studenten, Studentinnen, Student*_:innen oder doch lieber Studierende? Das Thema „Gendern“ ist mittlerweile in aller Munde und euch ist es auch sicher schonmal über den Weg gelaufen. Aber warum machen wir den Quatsch überhaupt? Funktioniert doch alles prima oder nicht?

Das Problem mit dem generischen Maskulinum

Naja, ganz so einfach ist das nicht. In unserem üblichen Sprachgebrauch verwenden wir das generische Maskulinum. Das heißt, wenn eine gemischte Gruppe aus Männern und Frauen angesprochen wird oder wir das Geschlecht der Person nicht kennen, verwenden wir die männliche Form. Per Definition steht die männliche Form also für alle. Manche Frauen oder nicht-binäre Personen mögen sich damit auch angesprochen fühlen, aber wir wären ja nicht hier, wenn es so einfach wäre. Das Problem mit dem generischen Maskulinum ist folgendes: Die meisten Menschen hören einen Satz, in dem das generische Maskulinum verwendet wird und denken instinktiv an Männer. In einer Studie wurden Versuchspersonen gebeten, berühmte Musiker oder Schriftstelleraufzuzählen. Eine weitere Gruppe sollte berühmte Musiker:innen und Schriftsteller:innen nennen. Ratet mal, in welcher Gruppe mehr Frauen als Antwort genannt wurden. Richtig, in der zweiten Gruppe. Dieses Phänomen nennt sich Male-Bias und zeigt, dass das generische Maskulinum eben NICHT alle einschließt. Unsere Sprache repräsentiert überhaupt nicht die Diversität in unserer Welt und daher wollen wir gendern.  

Einheitliche Regeln fehlen

In welcher Form und nach welchen Regeln gegendert werden soll ist bisher noch nicht einheitlich festgelegt. Deswegen werden euch hier drei verschiedene Formen des Genderns vorgestellt:

Bei der Feminisierung werden beide Geschlechter genannt. Ihr schreibt dann Studentinnen und Studenten oder Student/-innen. Wenn ihr mich fragt ist das allerdings eher eine unschöne Variante, da eben nur Männer und Frauen angesprochen werden und nicht alle Menschen repräsentiert werden. Es gibt aber noch zwei inklusivere Varianten.

Zum einen gibt es noch die Neutralisierung. Anstatt die männliche oder weibliche Form zu benutzen könnt ihr geschlechtsneutrale Begriffe verwenden. Aus Student und Studentin werden Studierende. Das Geschlecht spielt dann überhaupt keine Rolle mehr. Außerdem umgeht ihr das Labyrinth aus Sternchen und Strichen. Schwierig wird es, wenn es keine neutrale Bezeichnung gibt. Der Begriff Politiker zum Beispiel müsste umständlich umschrieben werden: Mensch in der Politik.

Wenn ihr umständliches Umschreiben vermeiden wollt, könnt ihr stattdessen die Gender-Zeichen nutzen. Das sind die berühmten Sternchen, Unterstriche und Doppelpunkte, die diese Diskussion überhaupt ausgelöst haben. Zwischen männlicher und weiblicher Endung wird das Zeichen ergänzt: Student*innen, Student_innen oder Student:innen. Durch das Gender-Zeichen entsteht Platz zwischen den Geschlechterendungen. Dadurch sprecht ihr alle Menschen an, auch die, die weder männlich noch weiblich sind. Eine einheitliche Regel, welches Zeichen benutzt wird gibt es noch nicht. Ihr könnt also frei wählen, welches Zeichen euch besser gefällt. Ich persönlich benutze den Doppelpunkt, denn er ist kompatibel mit Sprachausgabeprogrammen und somit barrierefrei.

Genderreform in der Kritik

Sprachwandel wird meistens zunächst negativ betrachtet. Die neue Schreibweise ist ungewohnt, vielleicht sogar anstrengend und unangenehm. Das Gehirn kennt es nicht und muss erst neue Verknüpfung erstellen, um die neuen Informationen verarbeiten zu können. Mit der Zeit wird sich das Gehirn daran gewöhnen und das Lesen und Schreiben wird einfacher.

Abgesehen von der Ungewohntheit des Genderns könnte es allerdings zu einer Überbetonung der Geschlechter kommen. Die Unterschiede und Ungleichheiten könnten durch die Verwendung der männlichen und weiblichen Form noch mehr hervorgehoben und in den Vordergrund gerückt werden. Welche Effekte das tatsächlich haben könnte ist aber noch nicht erforscht. Um trotzdem die Betonung nicht ständig auf das Geschlecht zu legen, können wir so viel wie möglich neutrale Begriffe verwenden.

Sprache soll inklusiver werden

Letztendlich geht es darum, die Sprache für alle ein bisschen inklusiver zu machen. Und das geht nur, wenn wir alle mitmachen. Also probiert es einfach mal aus. Es ist gar nicht so schwierig, wie es klingt und vergesst nicht: Wir alle fangen gerade erst an zu gendern. Es ist also okay, wenn ihr euch unsicher seid oder Fehler macht. Immerhin versuchen wir, einen großen Teil unseres Sprachgebrauchs zu ändern. Aber je mehr Leute mit machen und je öfter wir gendern, umso eher können wir es etablieren, damit sich alle Menschen in unserer Sprache wiederfinden.

Wollt ihr mehr über das Gendern wissen? Anregungen und Alternativen für geschickten Gendern findet ihr auf:

www.geschickt-gendern.de

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